|
Vorderes Radlager wechseln – Beispiel
VW Polo 6N
Bei Radlagern von Autos ist zu unterscheiden
ob das Rad angetrieben wird (drehende Radnabe)
oder die Radnabe starr an der Achse befestigt
ist.
Bei angetriebener Achse (Radnabe) greift die klassische
Konstruktion auf ein geschlossenes Kugellager
(meist Doppelkugellager) zurück. Dieses Lager
ist mit seinem Außengehäuse fest in
den Achsschenkel gepresst und mit seinem Innengehäuse
auf die Radnabe. An der Radnabe ist die Radfelge
samt Reifen verschraubt. Die Antriebswelle, die
von hinten her durch die Radnabe gesteckt wird,
treibt dann diese und somit das Rad an.
Der Achsschenkel wiederum nimmt die Bremsanlage
auf und ist mit dem Federbein fest verschraubt.
Diese Verschraubung dient in der Regel auch zum
Einstellen der Fahrwerksparameter Spur und Sturz.
Über Kugelköpfe ist der Achsschenkel
mit der Spurstange (Lenkung) und mit dem Querlenker
(Ein- und Ausfederbewegungen) beweglich fixiert.
|
| |
|
Werkzeug
zum Radlager wechseln
Um es gleich vorweg zu sagen: Das Aus- und Einbauen
eines vorderen gepressten Radlagers ist eigentlich
Werkstattsache und erfordert ein geschultes Mechanikerwissen
und entsprechende Werkstattausrüstung. Unbedingt
erforderlich sind Spurstangenkopf-Abzieher (siehe
Bild) und Werkstattpresse (mindestens 10 Tonnen).
Was erschwerend hinzukommt: Radlager halten in
der Regel an die 100.000 km – das bedeutet
im Umkehrschluss, dass Fahrzeug hat schon etliche
Winter mit Salz und entsprechender Korrosion hinter
sich, wie das vorliegende Beispiel zeigt. In der
Regel ist man bei dieser Arbeit mit stark korrodierten
Verbindungsteilen und Gewinden konfrontiert.
|
| |
|
Demontage
Radlagergehäuse (Achsschenkel mit Radnabe)
Im ersten Schritt gilt es das Radlagergehäuse
auszubauen. Während das Fahrzeug noch auf
dem Boden steht, löst man die große
Antriebswellenmutter.
Dann wird das Fahrzeug aufgebockt oder auf der
Hebebühne hochgefahren. Nach entfernen des
Rads löst man nacheinander die Verbindungsstellen.
Im vorliegenden Beispiel (VW Polo 6N) sind dies
die Bremsanlage (2 Inbusschrauben), die Kugelkopfverbindung
zur Spurstange (eine Feingewindemutter), die Anbindung
Federbein (2 Sechskantschrauben mit Muttern) und
die Verschraubung Querlenker unten (3 Sechskantschrauben).
|
| |
|
Beachten beim Ausbau – Sturz und
Spur am Federbein des VW Polo 6N
Die beiden Durchgangsbohrungen am McPherson-Federbein
sind deutlich größer als die Schraubendurchmesser.
Dadurch können die Fahrwerksparameter Spur
und Sturz eingestellt werden. Vor Öffnen
der Muttern wird die Lage von Federbein und Achsschenkel
markiert. Im vorliegenden Fall oben durch eine
leichte Anfeilung und unten durch einige Körnerschläge.
Auch wenn das Auto anschließend neu Vermessen
wird, sollte man markieren. Eine extreme Veränderung
von Spur/Sturz kann den Wagen fast unfahrbar machen.
|
| |
|
Radnabe auspressen
Ist die Einheit Achsschenkel – Radnabe
(Radlagergehäuse) ausgebaut, geht es an den
Umbau des Lagers. Wie bereits erwähnt, ist
eine Werkstattpresse hier zwingend erforderlich!
Zunächst befreit man die Teile vom größten
Schmutz, anschließend presst man die Radnabe
nach vorne aus.
Verschlissene Lager zerfallen häufig bei
diesem Vorgang. Bleibt ein Lagerring an der Nabe
hängen, muss er mit einem Kugellagerabzieher
runtergezogen werden. Anwärmen erleichtert
den Vorgang. Zur Not auch leichte Einschnitte
mit dem Winkelschleifer (Flex) – aber hier
Vorsicht walten lassen und nicht in die Nabe flexen.
|
| |
|
Lager aus Achsschenkel ausbauen
Das geschlossene Kugellager ist mit seinem Innenring
in der Radnabe durch Nabe und verschraubte Antriebswelle
fixiert. Der Außenring des Lagers muss im
Achsschenkel ebenfalls axial gesichert werden.
Bei vorliegender VW Polo-Achsschenkel ist nach
hinten ein Anschlag und nach vorne ein Seegerring.
Dieser, meist stark korrodierte Sicherungsring
muss im ersten Schritt entfernt werden. Anschließend
wird das Lager nach vorne ausgepresst.
Rechts die zerlegten Komponenten, bereits gereinigt
und bereit zur Montage
|
| |
|
Neues Radlager einpressen
Bei sämtlichen Pressvorgängen am Kugellager
(ebenso Schrägrollenlager oder generell Lager)
gilt der Grundsatz: keine Kräfte, in diesem
Fall Drücke, über die Kugeln (Rollen)
des Lagers leiten. Bei Einpressen des Außenrings
immer den Pressdruck am Außenring aufbringen.
Wird eine Welle in das Lager eingepresst, immer
am Innenring gegenhalten.
Vor Montage alle wichtigen Stellen säubern.
Insbesondere die Seegerringnut von Rost befreien
und den Seegerring vorab probeweise montieren.
Lager und entsprechende Gleitflächen mit
MoS2 (Molykote oder auch Graphitfett) einfetten.
Im ersten Schritt wird das Doppelkugellager in
den Achsschenkel eingepresst. Anschließend
der Seegerring montiert. Lager und Achsschenkel
sind nun fest miteinander verbunden.
|
| |
|
Radnabe einpressen
Dann erfolgt das Einpressen von Radnabe samt
Lager in den Achsschenkel – wichtig: Gegenhalten
am Innenring des Lagers.
Die Einheit ist nun komplett und kann wieder am
Fahrzeug verbaut werden.
|
| |
|
Montage
Radlagergehäuse an Vorderachse und Fahrwerk:
Bevor man zur Montage schreitet
werden noch alle Gewinde kontrolliert, eventuell
nachgeschnitten und leicht eingeölt. Verschlissene
Muttern und Schrauben werden ersetzt, vorgeschriebene
Schraubensicherungen (meist Bremsanlage) aufgetragen
und die Teile montiert. Im KFZ-Sektor kommen nur
hochwertige Schraubverbindungen mit Zugfestigkeiten
von 8.8, häufig auch 10.9 oder 12.9 zum Einsatz.
Ein Ersetzen durch qualitativ minderwertige Baumarktschrauben
ohne Zugfestigkeitsangabe (in der Regel 4.8 oder
5.8) oder durch Schrauben mit zu geringer Zugfestigkeit
ist unbedingt zu vermeiden!!!
Die Montage geschieht in umgekehrter Weise wie
die Demontage.
Zuerst werden alle Verbindungsstellen eingerichtet
und zusammengefügt, anschließend die
Schrauben und Muttern auf die vorgeschriebenen
Werte angezogen. Sollte sich ein Kugelkopf beim
Raufschrauben der Mutter mitdrehen (z. B. Lenkung),
so wird eine Rohrzange gefühlvoll an Kugelkopf
und Gegenstück angesetzt. Der Spurstangenkopf
wird dabei etwas fester in den Konus gedrückt
und fest fixiert.
Danach Bremsscheibe von Fett und Öl befreien,
ABS-Sensor anstecken und Vorderrad montieren.
Zuletzt werden die Radmuttern und die große
Antriebswellenmutter angezogen.
Alle Angaben ohne Gewähr!
|